Italien - Teil 3: Zurück nach Kroatien

30. September 2018

Der Abend zuvor endete, nach einem gehörigen Einkauf, gemütlich mit Gesellschaftsspielen im Salon. 

Ich wurde gegen 08:00 Uhr wach und prüfte zunächst das Wetter. Draußen war es bewölkt. Ich betrachtete die Europakarte in der App Windy: Der Medicane, welcher sich zwischen Afrika und Italien gebildet hatte, wurde wieder stärker und sog viel Luft aus dem adriatischen Raum. Der Wind zwischen Kroatien und Italien stand in den Morgenstunden bei dreißig Knoten auf Nord und sollte gegen Mittag zunehmend etwas nach West drehen und abschwächen. Bei idealen Bedingungen sollten wir Hart am Wind die Insel Vis erreichen. Die gesamte Strecke ab Termoli beträgt etwa achtzig Meilen. Auf dem Boot war Stille. Ich schrieb eine WhatsApp in die Gruppe: Eine Überfahrt nach Kroatien ist wetterbedingt frühestens um 12 Uhr möglich.

 

Ich stand gegen 10 Uhr auf und setzte mich in ein Cafe am Hafen. Das ist mein Ritual. Mein Apparat braucht morgens während eines Törns ein Glas Cola und den Blick aufs Meer. Gegen 14 Uhr waren wir klar zum Ablegen. Der Wind wehte bereits aus nord-nordwestlicher Richtung mit bis zu fünfundzwanzig Knoten. 

Wir dampften in die Achterleine auf Backbord ein. Mooring los, Achterleine los: Die Yacht brauste trotz der ungünstigen Bedingungen (Crosswind) zügig aus der Box. Kurz hinter der Hafeneinfahrt setzten wir die Segel. Der zuvor wolkenverhangene Himmel lockerte zunehmend auf. Die Sonne schien. Es war ein herrliches Wetter für eine Überfahrt. 

Leider war zu diesem Zeitpunkt der Wind recht nördlich. Wir setzten die Segel „Hart am Wind“. Der Richtungspfeil im Navionics zeigte gen Dubrovnik. Wir mussten also noch deutlich nach Backbord und hofften auf die vorhergesagte Änderung der Windrichtung. 

Wir überließen dem Autopiloten das Segeln, welcher bei kurzen, mittelhohen Wellen den Kurs zum Wind perfekt hielt.

Je weiter wir uns von der italienischen Küste wegbewegten, desto mehr drehte der Wind erstaunlich zügig gen West. Wir konnten den Auto-Piloten immer wieder nach Backbord korrigieren.

„Denkt daran, immer gerade Gradzahlen, sonst fahren wir schief!“, erinnerte uns Philipp. Andernfalls kostet es einen Strafstrich, welcher mit fünf Euro in die Crewkasse verrechnet wird. Spaß gehört dazu.

Grad für Grad näherte sich unser Kurs dem gewünschtem Ziel. 

Eine Stunde später lag der Kurs auf Vis an. Der Wind drehte im Verlauf noch ein wenig westlicher. Jetzt war der Kurs nicht mehr so hart. Wir wurden umso schneller. Und das waren wir! Sie marschierte mit rund acht Knoten Fahrt zurück nach Kroatien. Sie wollte wohl schnell Heim, zu unserem kroatischen Freund Tonci. ;-)

 

Das eine Bier, welches wir uns genehmigten, war kalt und schmeckte herrlich. Wir saßen mit unseren Rettungswesten in der Pflicht und blickten aufs Meer. Unsere Solar-Module ermöglichten es uns, die gesamte Strecke mit dem Auto-Piloten zu segeln. Auch nach Sonnenuntergang war die Spannung trotz Positionslichter und Kühlschrank schön stabil. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Polaris noch Glühdrähte in den Fassungen!

 

Wir konnten unser Glück kaum fassen. Wer hätte erwartet, dass wir auch die Rückreise mit solch fantastischen Bedingungen unter Segel bestreiten könnten? Kurz vor Sonnenuntergang klemmten wir eine Go-Pro an das Vorstag mit Blick Richtung Heck. Achtern sollte die Sonne in wenigen Minuten untergehen. Es entstand ein tolles Video, welches ich nicht vorenthalten möchte. Zu finden auf unserer Facebook-Seite. 

 

Der Wind pendelte sich gegen 20:00 Uhr auf 15-20 Knoten ein. Wir machten weiterhin gut siebeneinhalb Knoten Fahrt. Die Yacht hat fantastische Segeleigenschaften. Sie lief wie auf Schienen! Ich begab mich den Niedergang hinab in den Salon zur Pantry um mich um das Abendessen zu kümmern und übergab die Schiffsführung an Ralf, welcher unter Deck eine Pause eingelegt hatte. Ralf stieg hinauf und brummte beim Betreten der Pflicht „...jetzt wird richtig gesegelt...“ und verfeinerte den Segeltrimm. Er ist ein hochqualifizierter Segler, welcher nicht viel von sich reden macht. 

 

Ich betätigte am Navi-Tisch die Taste „Wind“ unseres „Tri-Data“ der Firma Autohelm und setzte den daneben verschraubten alten Plotter aus dem Jahr 2000 in Betrieb. Er hat eine Auflösung und Kontrast wie ein Game Boy. Die Karte lässt sich zwar zoomen, der größte Maßstab ist aber ungefähr 1:1.000.000.

Segelt man bei Split, sieht man alle Inseln zwischen dem östlichsten Teil der Kornatis bis Korcula. Damals eine Offenbarung! Kartennavigation wurde immens vereinfacht. Die angezeigten GPS-Koordinaten konnten mit der Koppelnavigation abgeglichen werden. Mithilfe der graphischen Darstellung wusste man ungefähr, welches Blatt hervorzukramen ist und in welche Himmelsrichtung die Reise geht. ;-)

Jetzt, auf dem Weg von Italien nach Kroatien, konnte ich während des Kochens mit einem kurzen Kontrollblick alle wichtigen Parameter im Blick behalten.

 

Der Salon wurde lediglich von der LED-Leiste an der Pantry beleuchtet. Die Sauce blubberte im Topf. Ich verfeinerte sie mit einer halben Flasche Rotwein. Am Spülbecken betätigte ich die Salzwasser-Fußpumpe und beförderte die ersten drei Liter Meerwasser in den Abfluss. Wir krängten auf Steuerbord, sodass ich das zugehörige Seeventil öffnen konnte. Das Wasser floss ab. Ich pumpe das nun in der Leitung frische Meerwasser in den Topf und fügte die gleiche Menge Süßwasser aus dem 5-Liter-Kanister hinzu. Der Wind war jetzt nur noch fünfzehn Knoten stark. Unsere Fahrt: Sechs Knoten. Vermutlich musste nach der Mahlzeit unser Penta-Jockel in Betrieb gesetzt werden, sollte der Wind doch gegen 23 Uhr dem Wetterbericht zufolge einschlafen. Uns fehlten noch etwa zwanzig Meilen bis Vis.

Der Herd erhitzte zügig das Meer-Süßwasser-Gemisch. Irgendwann brodelte und dampfte es aus dem Topf und ich warf zwei Kilo Kartoffel-Gnocchi hinein, welche wenige Minuten später abgegossen und in sechs Schälchen befördert wurden. Jetzt noch die Skipper-Bolognese draufgeklatscht und mit frisch geriebenem Parmesan (aus Italien !) den Anblick im Fressgefäß abrunden. Zwanzig Seemeilen vor Kroatien schmatzte eine glückliche Crew. Zwanzig Seemeilen? Es wurde Zeit, die italienische Flagge zu bergen. Ein letztes Mal erklang „Azzurro“ während Flaggenwart Julian das grün-weiß-rote Stück Stoff hinunterließ. Nachdem Teller und Flagge verstaut waren ereignete sich das Erstaunliche: Entgegen der Vorhersage legte Wind wieder auf stabile zwanzig Knoten zu und die Polaris quittierte mit rund acht Knoten Fahrt. Als hätte Rasmus den Wind für das Abendessen gezielt abgeschwächt. ;-) 

 

Es war nun stockfinster. Der Mond sollte erst gegen zwei Uhr aufgehen. Wir erblickten einen beeindruckenden Sternenhimmel, welcher lediglich vom Top-Licht an der Mastspitze leicht erhellt wurde. Ralf leuchtete alle paar Minuten die Segel ab und trimmte, sobald auch nur eine Phase flatterte. Die Segel glichen den Tragflächen eines Flugzeugs. So geht man mit Material um!

 

Um 01:00 Uhr erreichten wir unsere Bucht, an welcher wir während der schwersten Herbst-Bora seit 100 Jahren abwetterten. Jene Nacht, vor unserer Überfahrt nach „Bella Italia“.

Wir machten an der Boje fest. Dann hieß es „O’zapft is!“ - das in Tremoli besorgte 5-Liter-Fäßschen diente als Anleger und wurde auch brav geleert.

 

Fortsetzung folgt.

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