Saisonbeginn 2021: Zurück in Milna

Vowort

Die zweite Saison unter dem Einfluss der Pandemie stellte uns vor große Probleme. Abschließend betracht war sie trotz der komplizierten Situation mehr als zufriedenstellend. Dafür danken wir unseren Crew-Mitgliedern, die vieles in Kauf genommen haben um die Adria und unsere Polaris zu erreichen. Zwei davon mussten sogar nach ihrer Rückkehr unverhofft in Quarantäne, da Nordrhein-Westfalen während der Reise die Bedingungen für Rückkehrer verschärft hatte. Zu meiner Erleichterung kam es zu keinen beruflichen Konsequenzen, da sicherheitshalber mit zwei Wochen Anschluss-Quarantäne geplant wurde. 

Ankunft auf Brac

Mein Vater und ich erreichten bei strahlender Mittagssonne mittels Autofähre die Stadt Supetar auf Brac. Unser treuer Passat war neben einem Laster der Konzum-Kette in vorderster Reihe geparkt. Die anderen Kennzeichen zeugten von überwiegend inländischer Herkunft. Ob einem die See genug werden kann, wenn man jeden Tag die Fähre nutzt um zur Arbeit zu kommen? - Die Rampe der Jadrolinjia senkte sich. Mein Vater startete mit einem Knopfdruck den Motor. Nachdem der Matrose die Ausfahrt freigab setzten wir uns in Bewegung. Das Berühren der Insel durch die Vorderachse wurde durch das zischende Absenken der Stoßdämpfer quittiert. Zeitgleich vibrierte mein Smartphone: Mich erreichte die Nachricht, dass Kroatien zum Hochinzidenzgebiet erklärt wurde. Damit begannen die Herausforderungen nach einer sehr unproblematischen Anreise.

 

In Milna angekommen ging es ohne Umwege zur Konoba Dupini. Das Mittagessen samt Bier der Brauerei Pan beim Wirt und Freund Stefko verschaffte keinerlei Urlaubsgefühl. Und die Yacht hatten wir zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gesehen. Das war auch besser so, denn überraschenderweise lag sie im Wasser. Im Herbst haben wir sie aus dem Wasser nehmen lasse und dort sollte sie bis zur wenige Tage später geplanten großen Abnahme durch den "Kroatischen TÜV" auch bleiben. Die Befürchtung war groß, das Kranen erneut bezahlen zu müssen. 

 

Wir betraten die Polaris, entfernte die Steckschott und schritten den Niedergang herab. Die Raumluft schlug uns ins Gesicht. Mein Geruchssinn war seit der im vorherigen Herbst durchlittenen Corona-Infektion nicht mehr der Selbe, diesen Geruch nahm ich gleichwohl war: Der Pott stank unerträglich nach Diesel. Nach der Entfernung der Verkleidung des Motorraums fanden wir in der Steuerbordkabine auf Achtern die Ursache: Die gläsernen Einzelteile des Wasserabscheiders lagen verstreut in der Bilge. Nicht nur dessen Inhalt, sondern auch der Diesel aus den angeschlossenen Schläuchen hatte keinen Halt davor gemacht, sich in das Schiff zu ergießen. Frustriert setzte ich die Knebel der Hauptsicherungen von Service- und Motorbatterie in der Erwartung, dass wenigstens dort alles in Ordnung ist. Beim Voltmeter am Panel im Salon bewegte ich den Schalter von "Aus" zur Wahlstellung "Eins". Die digitale Anzeige blieb dunkel. Erschrocken bewegte ich den Schalter für einen zweiten Versuch hin und zurück. Es setzte kein Erfolg ein. Die Service-Batterien haben sich über den Winter entladen. Ich begriff nicht, wie dies trotz der seit Jahren vorhanden Solarmodule passieren konnte und sackte frustriert zusammen und verkniff mir die Tränen. Ich blickte zu meinem Vater. Für einen winzigen Moment ließ ein Glitzern seiner Augen den gleichen Wunsch erkennen einfach in die Heimat zu fahren. Der Moment war schnell vorüber und mein Vater voller Tatendrang. Er baute mich auf und begann unmittelbar mit der Arbeit.

Auch in den schwersten Zeiten ist auf ihn Verlass. 

 

Mit dem Akku-Schrauber bewaffnet machte sich mein Vater an das Entfernen der Bodenplatten, währenddessen prüfte ich Strom. Der Grund für die leeren Batterien war hinter der Achterkabine auf Steuerbord schnell gefunden: Das Massekabel der Solarmodule am Laderegler war herausgerissen. Dies stand vermutlich im Zusammenhang mit dem komplizierten und aufwändigen Reparatur des daneben befindlichen Ruderquadrant. Das mit Haarrissen umhüllende GFK musste im vergangenem Winter von Grund auf neu aufgebaut werden, um das über die Jahre eingeschlichene Spiel des Ruderblatts zu beseitigen. Auch die Lager wurden im Winter gewechselt.

 

Auf dem Rücken im Heck liegend verkabelte ich die Elektrik von Grund auf sicherer. Im Anschluss legte ich das Landstromkabel. Nach der Inbetriebsetzung des 60AH - Chargers deutete eine leuchtende Diode neben "Boost" auf einen problemlosen Ladevorgang. Ich prüfte die Batterien regelmäßig auf Geruch und Hitze. "Wenn sie nach alten Eiern riechen und heiß werden sind sie kaputt!" - gab mir unser Bordelektriker Patric Sauer noch mit auf den Weg. Unsere Batterien, erst ein Jahr zuvor gekauft, hatten die Entladung gut verkraftet und ließen uns über die Saison nicht im Stich. 

 

Das aufwendige Reinigen der Bilge beanspruchte den gesamten Nachmittag. Während den Arbeiten besuchte uns Maksi. Maksi war Geschäftsführer der Marina "NCM". Zudem rettet und schleppt er für Seahelp und ist Besitzer des in Milna einzig für große Yachten geeigneten Krans. Das er die Yacht vor Vertragsabschluss zu Wasser ließ sah er als gefallen, um uns die Arbeiten zu erleichtern. Das die Prüfung der Yacht außerhalb des Wassers noch bevorstand war ihm nicht bekannt. Maksi entschuldigte sich und gewährleistete das Kranen des Boots wenige Tage darauf. (Randnotiz: Polaris hat die Prüfung bestanden.)

 

Der Tag endete gut. Mit gereinigter Bilge und dank funktionierenden Batterien genossen wir den Abend in der Pizzeria Slika. Auch die Reisegruppen signalisierten unaufgeregt, dass man die Entwicklungen erstmal abwarten wird. Am Wasser sitzend blickten wir aufs Meer als die Sonne gerade unterging. Trotz zahlreicher Schwierigkeiten und Herausforderungen waren wir demütig im Paradies.

Trotz der mehr als schwierigen Situation haben wir an unseren geplanten Investitionen in Yacht und Ausstattung festgehalten: Neben der aufwendigen und tadellos durchgeführten Reparatur des Ruderlagers, welches bei der Probefahrt ein sanftes Lächeln auf das Gesicht von Skipper Wilfried zauberte, wurden zudem drei Luken getauscht. Die Yacht ist wieder dicht. Zu meiner großen Überraschung war ein neuer Herd im Kofferraum, welcher unsere Pantry ordentlich aufwertet. Zudem haben wir viel Arbeit ins Heck investiert sodass die Davits vollends ihre Funktion erfüllen und wir das Dinghi bei Bedarf am Heck hochziehen können.

Im Laufe der Vorsaison gab es noch neue Matratzen für das Cockpit. Die Ankerwinde erhielt zudem eine Fernbedienung und ist nun auch vom Cockpit aus bedienbar. Die Bilge wurde gestrichen und ein zweiter, akustischer Bilgenalarm installiert.

 

Die Wartungswoche näherte sich ihrem Ende und mein Vater reiste ab. Zeitgleich startete ich den Motor. Der Starter brauchte ein Mü länger als gewöhnlich. Ich dachte mir nichts dabei und vermutete noch Luft im System, die sich gewiss noch herausfährt. Nach dem Ablegen fuhr ich gen Split, wo die ersten Crew-Mitglieder warteten.

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