Von Kroatien nach Kalabrien - Teil 1

Geschrieben von Skipper René

08-12. April 2022 - Saisonvorbereitung

Hinter uns lag ein arbeitsintensiver Winter, in welchem wir sehr viel auf den Weg brachten, damit die Polaris bereit für ferne Gewässer ist. Wir beschlossen so viele Projekte wie möglich vorzuziehen um das System bis zur Überfahrt in die Karibik ausgiebig testen zu können. Für meinen Vater Wilfried war ein gescheiter neuer Geräteträger besonders wichtig. Die Konstruktionszeichnung wurde von ihm entworfen und durch Edelstahlschweißer Josef in Hiddenhausen bei Herford umgesetzt. Der Geräteträger bestand aus drei Teilen um diesen mittels PKW nach Kroatien transportiert zu können. "Die Verbindungen machen wir aber nicht mit Nieten, sondern mit Schrauben." - brummte Josef zu meinem Vater, bevor er sich an die Arbeit machte. Auf dem neuen Träger sollten vier statt zuvor zwei Solarmodule, sowie eine Windkraftanlage, ihren Platz finden.

"Das wird ein ordentliches Dach." - um Philipp zu zitieren. Das Ergebnis kann sich sehen lassen.

 

Unser Wassermacher der Marke "Schenker Zen" wurden von Morten und mir bei einem kleinen Händler im schönen "Bernkastel Kues" an der Mosel besorgt. Bei einer mittäglichen Wein-Verkostung ebenda wurde direkt auf diesen angestoßen.

Beim Thema Radar wurden wir auf Ebay-Kleinanzeigen in Hannover fündig. Praktischerweise war der angebotene Radar-Dom kompatibel mit unserem unverwüstlichen Karten-Plotter (Ein Multifunktionsdisplay für navigatorische Zwecke) am Steuerstand. Im Angebot war zudem ein weiterer Plotter samt Kartenmaterial enthalten. Dieser sollte nützlich für den Navigationstisch sein, da der dort befindliche Plotter seit 2001 an Bord ist und und ungefähr die Auflösung und Farbtreue eines GameBoyClassic besitzt.

 

Philipp besorgte zudem ein zusätzliches Segel vom Hersteller Oxley, Modell "Bora". - Sehr passend, da wir dreiundzwanzig Jahre überwiegend in Kroatien unterwegs waren und mit dem gleichnamigen regionalen Starkwind persönlich bekannt sind. Dieses Segel macht uns sehr viel Freude. Die Yacht hat mit ihm herausragende Segeleigenschaften und eine tolle Performance. 

Montage-Woche in Milna, Brac, Kroatien

Während unserer Montage-Woche saß ich an einem Samstagnachmittag im Passat meines Vaters, welchen ich unweit des kleinen Fährhafens bei der Marina Vlaska parkte. In wenigen Minuten sollte eine Schnellboot von Split einlaufen. Während ich aufs Wasser blickte klopfte jemand an der Beifahrerscheibe und öffnete die dazugehörige Tür. Unser Mechaniker und Problemlöser Thomas Sauer setzte sich zu mir und erkundigte sich, wie unsere Vorbereitungen liefen. "Soweit so gut. Der Autopilot macht mir etwas Sorge aufgrund von Fehlermeldungen, welche ich vorher nicht kannte." - Eine Problemlösung hatte Thomas soweit nicht parat aber ein paar Tipps und Hinweise um der Sache auf den Grund zu gehen. Die Schnelffähre war bereits zu sehen. Thomas stieg aus, verabschiedete sich und versprach am Dienstag das Radar an den Mast zu setzen. 

 

Die Matrosen der Schnellfähre ließen zwischenzeitlich die kleine Gangway herunter. Nur wenige Einheimische und Touristen verließen das Boot. Thomas empfing seine Familie. Zuletzt gingen Ralfi und Philipp von Bord, samt zahlreicher Gepäckstücke sowie einem großen schwarzen Sack in welcher unser neues Spaßgerät verstaut war. Nach der Begrüßung luden wir alles in den Passat und fuhren zurück zu, Hafen zum Steg Bravo wo mein Vater fleißig mit dem Geräteträger beschäftigt war. 

 

Die Arbeit sollte für diesen Tag jedoch erstmal ruhen. Wir genossen gemeinsam ein Kaltgetränk in der Pflicht und machten uns etwas später auf dem Weg zu unseren Freunden Dario und Ivan welche uns zu einem Willkommens-Essen einluden und uns eine Besichtigung ihres kurz vor der Eröffnung befindlichen zweiten Restaurants "Fontana" in Aussicht stellten.

Wir kannten die beiden Kroaten bereits viele Jahre. Ihr Restaurant "Slika" ist für herausragende Pizza bekannt. Der Rest der Speisekarte ist ebenso ein Genuss. Nach einem Travarica zeigten sie uns ihr neues Lokal. Der Ofen sei gerade angeliefert worden. Seine makellos glänzende bronzefarbene Außenhülle zeugte davon und war auf alle Fälle ein guter Blickfänger für den großräumigen, hellen Innenraum. "In zwei Wochen wird eröffnet!" - erzählten sie uns stolz. Zurück an der Slika war der Tisch bereits gedeckt. Es war ein schöner geselliger Abend. 

Am nächsten Tag machten wir uns gemeinsam ans Werk: Wilfried vollendete den neuen Geräteträger mit all seinen Photovoltaik-Platten, Ralfi und Philipp installierten unser neues Segel. Ich kümmerte mich derweilen um die viele Elektrik und war damit nicht alleine: Tober, welcher in den frühen Morgenstunden auf Polaris eintraf, war eine wichtige Hilfe. Zu fünft gingen die gesamten Arbeiten gut vorwärts. Abends waren alle Solarplatten gesetzt und elektrisch verkabelt. Genauso wie unser neuer Windgenerator.

 

Mein Herzensprojekt "Wassermacher" verschob ich gedanklich in den Herbst da der gesamte Dienstag (und letzter Vorbereitungstag) für die Arbeiten am Radar und das neue, zusätzliche Sicherungspanel herhalten musste. Wir kennen nun sämtliche Hohlräume unserer Salondecke und hatten es tatsächlich geschafft das Radarkabel bis hin zum Navigationstisch zu verlegen wo der dazugehörige Plotter thronte. Thomas war zuvor während der Installation des Doms und der Verlegung des Kabels durch den Mast erleichtert, dass dieser nicht ausgeschäumt war. Unser Radar-Dom, eine Runde Schüssel, sitzt auf halber Masthöhe.

 

Nachdem die Sonne untergegangen war prüften wir unsere neue Dreifarben-Laterne am Mast-Top erfolgreich auf Funktion und begaben uns in die Slika für unser Abschiedsessen. Wir waren zu diesem Zeitpunkt zwei Jahre in der ACI beheimatet und fast ein Jahrzehnt Dauergast in Milna für sämtliche Reparaturen- und Wartungsarbeiten. Es waren wunderbare Jahre in welcher das wachsende Team und Polaris so vieles erleben durfte. 

 

Nach einer kleinen Rede für Eigner Wilfried, welche in den vergangenen Monaten für die Yacht und das Projekt enorm geleistet hatte, bekamen unsere Wirte Ivan und Dario einen gerahmten Fotodruck samt unserer Unterschriften. Es fand nach einem Travariza einen würdigen Platz in der Slika, welches so eine Art Clubheim für uns wurde. Wir kommen wieder! Das letzte Bier ist nicht getrunken!

Mittwoch, 13. April 2022: Von Milna nach Mrcara bei Lastovo

Wilfried hatte im Morgengrauen das Boot verlassen um seinen Weg in die Heimat anzutreten. Wir anderen bereiteten das Boot vor und legten vormittags mit Kurs in Richtung Lastovo ab. Das Wetter war freundlich. Der Autopilot nicht. Die Fehlermeldung "No Course" war rätselhaft, in der Betriebsanleitung nicht erklärt und auch zahlreiche Kalibrierungen bei ruhiger See brachten keine wirklichen Verbesserungen. Er quittierte mit einem lauten Piepen sporadisch den Dienst. Mir wurde mulmig zu Mute: Sollte unsere lange Reise nach Italien ohne diesen wichtigen Helfer erfolgen?

 

Viel mehr Freude machte uns dafür das Oxley, welches erstmal aus dem Sack gelassen unsere Yacht trotz schwacher Brise mit ordentlich Fahrt zu unserem Ziel trug, der kleinen Insel Mcara zwei Seemeilen westlich von Lastovo. Das neue Segel sah umwerfend aus und harmonierte gut mit unserem Schiff. Unser Mittagessen: Herzhaftes Gulasch, am Tag zuvor für uns vorbereitet vom Koch der Slika.

Wir erreichten Mrcara bereits am frühen Nachmittag.

 

Die Insel ist ein kleines Paradies im Lastovo-Archipel. Wir lernten sie kennen, nachdem Tober und ich vom Wirt Kreso an der Boots-Tankstelle in Ubli auf Lastovo dorthin eingeladen wurden. Seither waren wir dort mehrfach die Saison zu Gast. Mrcara ist nur durch Kreso und seiner Familie in den Sommermonaten bewohnt. Sie betreiben dort ein Restaurant und vermieten zudem drei kleine Bungalows. 

Die Insel hat einen charmanten Aussteiger-Charakter und ist der perfekte Ort für einen Urlaub fern der Zivilisation. Die solide Steinmole von Mrcara bietet Platz für zwei bis drei Yachten. Diese Mole ist Teil der einer verlassenen Militärbasis, welche seit vielen Jahren leer steht. Ein "Lost Place" könnte man sagen. Auf dem höchsten Punkt von Mrcara findet sich eine Bunkeranlage, welche frei begehbar ist. Der Weg dorthin bahnt sich durch eine einzigartige Flora und Fauna.

 

Nachdem wir auf Mrcara anlegten setzten wir uns mit einem Bier auf die Mole, betrachteten die Polaris welche seitlich verzurrt zufrieden ruhte, reflektierten die vergangenen Tage und freuten uns auf das Abenteuer welches vor uns lag. Kreso begrüßte uns kurz darauf und verschwand wieder in seiner kleinen offenen Küche ums uns das Abendessen vorzubereiten. Nachdem Ralfi und Tober die neuen Beschriftungen am Rumpf der Yacht anbrachten begaben wir uns zum gedeckten Tisch. Es gab frisch gefangenen Fisch. Am nächsten Vormittag sollten wir in Ubli auf Lastovo ausklarieren um unseren Weg in die Karibik anzutreten.

 

Und so begann unsere Reise.

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